Flamencotanz für Brustkrebsbetroffene

Zu Beginn der 2010er-Jahre bekamen mehrere Frauen in meinem Umkreis eine Brustkrebsdiagnose. Nach der ersten Betroffenheit überlegte ich mir, wie ich diese Frauen unterstützen könnte. Ich bin Flamencotänzerin, -tanzpädagogin, -choreografin und Pilates-Trainerin. Da müsste doch was möglich sein!

Studien belegen, dass sich regelmäßiger Sport/körperliche Aktivität positiv auf erkrankte Frauen auswirkt. Auch die Wahrscheinlichkeit, an einem Rezidiv zu erkranken, kann durch regelmäßige körperliche Aktivitäten gesenkt werden. Und es gibt noch weitere positive Auswirkungen auf das Fatigue-Syndrom, auf Polyneuropathien, auf die Knochendichte etc.

Ich unterhielt mich also zum einen mit Betroffenen selbst, zum anderen auch mit Patientenbetreuer*innen in Reha-Kliniken, Physiotherapeut*innen und Gynäkolog*innen.

Nach und nach entwickelte ich mein Konzept „Flamencotanz für Brustkrebsbetroffene“, indem ich auf die Besonderheiten und Auswirkungen von z. B. Chemotherapie eingehe. Ich konzipierte meinen Unterricht so, dass es auch unter den Bedingungen der Erkrankung möglich ist, zu tanzen.

Kann die Teilnehmerin den Arm nicht über den Kopf heben, biete ich Alternativen an. Ich baue den Unterricht so auf, dass individuelle Pausen für die Teilnehmerinnen möglich sind und Rücksicht auf etwaige Knochenschmerzen durch die Chemotherapie genommen wird.

Doch zunächst gehe ich auf die Tanzhaltung ein. Verbindet man sie klischeemäßig doch meist mit einem Hohlkreuz, – was nicht der Realität entspricht – beginnt mein Unterricht damit, eine gesunde Tanz-Körperhaltung aufzubauen. Das erreiche ich mit ausgewählten Pilatesübungen.

Danach geht es erst an den eigentlichen Flamencotanz. Beim Aufwärmtraining liegt der Schwerpunkt neben der Körperhaltung auf der Hand- und Armführung. Es ist bekannt, dass gezielte Bewegungen der Hände den Lymphfluss im Arm begünstigen, was in erster Linie beim Lymphödem zum Tragen kommt.

Im Flamencotanz wird das mittels der typischen Handkreise gemacht. Die Armführung im Tanz, meistens über den Kopf, unterstützt die Wirkung.

Die koordinativen Bewegungen von Händen, Armen, Füßen und die spezielle Flamencorhythmik unterstützen Betroffene, ihre Polyneuropathie bedingten Probleme zu verbessern. Die Gedächtnisleistung wird hierdurch ebenfalls gefördert. Hinzu kommt der Spaß an der Bewegung mit Musik.

Am 16. März 2013 bot ich mein Konzept zum ersten Mal als Workshop an. Seit 2014 unterrichte ich eine Woche pro Jahr in einer Reha-Klinik an der Ostsee und bot mein Konzept ebenfalls dort den Patientinnen an. Mit Beginn der Corona-Pandemie durfte der Unterricht dann leider nicht mehr in der Reha-Klinik stattfinden. Eine Wiederaufnahme ist bereits in Planung.

Im Februar 2020 leitete ich dann einen „Flamenco-Tag“ im Förderverein „Die Revierinitiative“ in Gelsenkirchen, der von vielen Frauen angenommen wurde. Pilates Training und Flamencotanzunterricht ergänzte ich mit Hintergrundinformationen zu Training und zur Historie des Flamencos.

Dann kam der erste Lockdown. Im April 2021 bekam ich dann vom Förderverein die Anfrage, ob ich mir vorstellen könne, bei ihnen online zu unterrichten. Da ich bereits seit Mai 2020 Flamencokurse und Pilates Training online unterrichte, sagte ich sofort zu.

Seitdem läuft ein Live-Online-Kurs, den wir ab und zu mit Präsenzterminen ergänzen. Den Kurs online stattfinden zu lassen, hat den Vorteil, dass Frauen ortsunabhängig teilnehmen können. Die Teilnehmerinnen wohnen recht weit auseinander, nicht nur im Ruhrgebiet, sondern auch in anderen Bundesländern, und eine Teilnehmerin schaltet sich aus Spanien dazu.

Da es ein Live-Online-Kurs ist – also keine vorgefertigten Videos, sondern ein Video-Meeting, in dem ich die Teilnehmerinnen direkt individuell anleiten und auskorrigieren kann – nehmen wir uns die Zeit, vorher ein bisschen zu reden. Hier wird sich ausgetauscht und unterstützt. Dadurch ist eine schöne Gemeinschaft entstanden.

Antinéa A. Euler
www.antinea-flamenca.com